5 April, 2024
Wie du vielleicht schon gehört hast, gibt es Geschäfte wie Pick n Weight, Sammen, Fayjni Fayna oder VinoKilo, in denen Kleidung pro Kilo bezahlt wird.
Wie kommt es also, dass Second-Hand-Kleidung hier nicht wie im regulären Handel nach Stückpreis, sondern nach Kilopreis verkauft wird?
1. Kleidung pro Kilo ist kein Marketing-Gag
Manch einer mag denken, dass es hier nur um Marketing geht und darum, ein anderes Erlebnis zu schaffen. Das mag zum Erfolg einiger dieser Konzepte beigetragen haben, aber die grundlegende Motivation ist eine andere.
2. Schlanke Prozesse durch den Verkauf von Kleidung pro Kilo
Letztlich geht es darum, den Prozessaufwand so gering wie möglich zu halten. Was zunächst nach harter betriebswirtschaftlicher Logik klingt, hat durchaus seine Berechtigung und ist gut gemeint.
Denn mit dem An- und Verkauf von Second-Hand-Kleidung ein solides Geschäft aufzubauen, ist gar nicht so einfach.Denn auf der Einnahmenseite ist die Zahlungsbereitschaft eher gering. In der Regel muss der Preis deutlich unter dem Neupreis liegen.
Auf der Kostenseite besteht das Problem, dass sehr viel händische Arbeit anfällt. Im Gegensatz zum Neuwarenhandel hat man jedes Produkt nur einmal. Jedes Kleidungsstück ist ein Einzelstück. Das bedeutet, dass es schwieriger ist, Prozesse zu skalieren.
Am fairsten wäre es natürlich, jedes Kleidungsstück einzeln zu prüfen und einen entsprechenden Preis zu recherchieren. Leider ist das nicht möglich, wenn ein Team aufgebaut und entsprechend bezahlt werden soll.Kleidung, die in Kiloläden verkauft wird, hat oft eine lange Reise hinter sich. Doch der Anfang ist eigentlich immer der gleiche. In einem wohlhabenden Land wird Kleidung aussortiert, gespendet oder weggeworfen. Es handelt sich also immer um ein unbezahltes Restprodukt. Bei Sammen zum Beispiel kommt die Kleidung aus Skandinavien. Bei anderen Händlern kann sie aus den USA stammen und in vielen Fällen wird die Ware in Pakistan oder Ghana sortiert.
Der Verkauf pro Kilogramm macht die Prozesse relativ einfach:- Die Händler kaufen die Ware in großen Mengen von Textilsammlern, Sortierbetrieben oder großen Sortierbetrieben. Häufig in großen Bündeln, die auch kiloweise bezahlt werden.
Die Ware wird auf die Verkaufsfläche gebracht und es müssen keine Barcodes, Labels, Preisschilder etc. angebracht werden. Es ist lediglich darauf zu achten, dass die Ware zu einem höheren Kilopreis weiterverkauft wird.
Um den optimalen Preispunkt zu finden, wird manchmal mit einem höheren Kilopreis gestartet, der dann später reduziert wird. Die Ware kann also auch einfach reduziert werden.
In jedem Kilo-Laden oder auf jeder Veranstaltung findet man in der Regel auch Kleidung zu Festpreisen. Das liegt daran, dass vor dem Verkauf in der Regel noch einmal jemand mit viel Erfahrung und einem guten Auge einen Blick auf die Ware wirft, um zu verhindern, dass sehr wertvolle Marken oder gute Sachen, die wenig wiegen, zu Billigpreisen verkauft werden.
3. Kritik am Verkauf von Kleidung pro Kilo
Nicht selten werden die globalisierten Lieferketten mancher Second-Hand-Händler oder die hohen Kilopreise der Ware kritisiert. Das sind wichtige Aspekte, aber es gibt einen anderen Punkt, der noch problematischer ist.
4. Die Rolle der Umwelt beim Verkauf von Kleidung pro Kilo
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Second-Hand-Kleidung aus der Nachbarschaft käme. Aber der größte Teil der Umweltbelastung von Kleidung entsteht bei der Herstellung, nicht beim Transport. Und auch die meisten Neuwaren müssen aus Asien eingeschifft werden. Im Vergleich zum Neukauf ist die Umweltbilanz also immer noch deutlich besser.
5. Steigende Preise beim Verkauf von Kleidung pro Kilo
Second-Hand hat einen gewaltigen Preisanstieg erlebt. Es ist verständlich, dass dies Empörung hervorruft. Es ist aber nicht so, dass die Second-Hand-Händler im Geld schwimmen. Vino Kilo zum Beispiel müsste inzwischen sogar Insolvenz anmelden. Die Margen sind äußerst gering und das Geschäft bleibt schwierig.
6. Die Zukunftsfähigkeit vom Verkauf von Kleidung pro Kilo
Viele der Kilo-Konzepte sind mit dem Vintage-Trend entstanden und leben von der vergleichsweise guten Qualität der Kleidung, die irgendwann einmal aussortiert wurde. In den letzten Jahren konnte bereits beobachtet werden, dass mit der steigenden Nachfrage nach Vintage-Kleidung auch die Preise extrem angestiegen sind. Es scheint sich also um eine begrenzte Ressource zu handeln. Kleidung jüngerer Generationen gilt als qualitativ minderwertig und immer mehr Kleidung wird über Online-Plattformen gehandelt, anstatt in den Container geworfen zu werden. Das hat zur Folge, dass der Großhandel mit Second-Hand-Kleidung von mehreren Faktoren beeinflusst wird, die zu einer schlechteren Qualität und höheren Preisen beitragen.
7. Alternativen zum Verkauf von Kleidung pro Kilo
Die wohl nachhaltigste und zukunftsfähigste Form für Händler:innen an Ware zu kommen, ist das Urban Sourcing. Das bedeutet, die Kleidung einfach direkt von den Menschen zu bekommen, die sie nicht mehr haben wollen. Dies kann durch Spenden, Direktkauf oder Kommissionshandel geschehen. Letzteres ist zwar kleinteiliger, kann aber den Zugang zu sehr exklusiver Ware bedeuten. Kommissionshandel wird oft von Einzelunternehmern, Boutiquen oder Kinder-Second-Hand-Läden betrieben, aber es gibt z.B. auch die Kette Appel en Ei aus den Niederlanden, die 20 Läden mit diesem Konzept betreibt. Und auch hier gibt es hilfreiche Tools, die den Arbeitsaufwand minimieren, wie z.B. unser Produkt Circle-Hand.